Carousel

Installation für einen Diaprojektor „Carousel“ und 80 Dias, Pressspansockel

2008




Der französische Philosoph und Semiotiker Roland Barthes meinte, Fotografie beschreibe die Vergangenheit und schließt den Aspekt der Gegenwart und Zukunft aus. Bewegte Bilder machen aus dem gefrorenen Zeitpunkt der Fotografie einen Zeitablauf. Die Installation Carousel bringt „leblose“ Bilder in Bewegung, projiziert sie an eine Wand, bringt sie in einen Zeitablauf. Es sind keine beliebigen Aufnahmen, sondern 80 hintereinander geschaltete Fotos vom gezeigten Diaprojektor, wie er sich stetig um seine eigene Mittelachse dreht. Die so entstehende Kommunikation zwischen Diaprojektor und projiziertem (Ab)Bild seiner selbst entbehrt keine Ironie. Das Medium wird zur Botschaft und das Gezeigte scheint purer Selbstzweck des Mediums zu sein.

In der Installation Carousel dekonstruiert sich der Diaprojektor als Medium selbst. Er projiziert eine Wirklichkeit aus leblosen Bildern, die über deren Vergangenheit hinaus bis in unsere Gegenwart reicht. Die einzelnen Bilder behaupten sich autonom in der Zeit, die sie im Raum stehen. Beim Aufeinandertreffen von projizierter Linse und tatsächlicher Linse des Projektors kommt es zu einer Überblendung. Ein weißes Bild. Noch eines. Dann ist der Diaprojektor in seiner Bewegung im Bild soweit voran geschritten, dass man ihn wieder sehen kann. Das Bild vom Bild ist wieder sichtbar. Ist diese Installation Sinnbild für Wiederholung oder für Beharrlichkeit?

Wir wissen, dass sich unsere Sicht auf die projizierten Bilder mit jedem Wissen um das vorangegangene Bild ändert oder besser gesagt: erweitert. Folglich mögen die Bilder des Projektors eine starke Ähnlichkeit zueinander aufweisen, erst recht, wenn wir sie zum zweiten oder dritten Mal betrachten. Aber sind es ein-und dieselben? Materiell gesehen: ja. Ausgegangen vom Bild als Substrat der Wahrnehmung, als Grundlage und Gegenstand der Erinnerung: nein. Denn das erinnerte Bild ändert sich in Abhängigkeit zu seiner wiederholten Rezeption.


Text: Tanja Mette-Zimmermann












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